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www.home-of-rock.de/Konzertberichte/.../ Esslingen_Dieselstrasse_05_10_2001.htm
von Martin Schneider
Esslingen,
Dieselstrasse, 05.10.2001
Es fällt mir unheimlich schwer, meinen Eindruck des MILA MAR-Konzertes
unmittelbar nach dem Auftritt in Worte zu fassen. Ich bin fasziniert,
maßlos beeindruckt, und von der Atmosphäre und den auf mich
einwirkenden akustischen und visuellen Elementen wie erschlagen. So etwas
ist mir seit Ewigkeiten nicht mehr passiert.
MILA MAR live - das ist ein ganz besonderes Erlebnis.
Live wirken MILA MAR noch intensiver als aus der Konserve, ganz allein
schon, weil es kaum Außeneinflüsse gibt, die die Sinne ablenken.
Feine Nuancen, die einem auf CD leicht entgehen, entfalten ihre volle
Wirkung und geben den Stücken eine neue Dimension.
Sängerin Anke Hachfeld zieht vom ersten Moment an das Publikum in
ihren Bann. Diese Frau besitzt eine wahnsinnige Ausstrahlung und es fällt
schwer, den Blick von ihr zu wenden.
Im langen, dunklen, geschlitzten Kleid, mittellange, blonde Haare, ein
engelsgleiches Gesicht, wirkt sie wie eine Reinkarnation der Loreley oder
- warum auch nicht - wie eine Elfe.
Erotisch, sinnlich, verführerisch, selbstbewusst, stark, verletzlich,
zerbrechlich, schutzbedürftig, betörend - widersprüchlich.
Sie genießt es, mit ihrem Publikum zu spielen, richtet gezielt Blicke
und Gesten an einzelne Personen, schafft so eine intime Atmosphäre
und gibt jedem das Gefühl, nur für ihn alleine auf der Bühne
zu stehen. Ganz groß!
Für einen Song im Zugabenblock verlässt Anke sogar die Bühne
und mischt sich unter die knapp mehr als einhundert Zuschauer, um auch
denen im hinteren Teil des Clubs einmal ganz nahe zu sein.
Die Krönung ist jedoch der Gesang der Autodidaktin, der satte vier
Oktaven umfasst. Dies nutzt Anke Hachfeld nicht nur, um den Stücken
gewaltige Dynamik zu verleihen, sondern auch, um ähnlich wie King
Diamond, verschiedene Charaktere zu verkörpern.
Follow me basiert auf dem Dialog eines kleinen Mädchens mit einer
Erwachsenen, doch zumeist ist der Fantasie des Zuhörers keine Grenze
gesetzt, einzelne Protagonistenrollen selbst mit ihr zu besetzen.
Schlichte Showeffekte erzielen eine überwältigende Wirkung.
Zum Finale des fragilen Silver star lässt Anke silbernes Konfetti
wie Sterntaler auf sich herabrieseln.
Mit einem kleinen Handspiegel wird das Licht eines Scheinwerfers ins Publikum
reflektiert und beim grandiosen Was bleibt...? erhellt lediglich eine
Kerze in der Hand das Gesicht der Sängerin und zaubert eine faszinierende
Atmosphäre.
Man ist leicht versucht MILA MAR auf ihre Frontfrau zu reduzieren, doch
damit würde man dem Rest der Band großes Unrecht tun.
Der größte Anteil an Melodien wird von Tastenmann Maaf Kirchner
kreiert, Katrin Beischer sorgt mit ihren Violinen und Flöten für
wichtige charakteristische Klangfarben, nicht zu vergessen Søan
Meyer, der am Schlagzeug und mit Percussioninstrumenten die Basis der
hypnotischen Rhythmen liefert.
Auch wenn diese drei optisch von Anke in den Hintergrund gedrängt
werden, so sind sie doch unverzichtbar für die Essenz von MILA MAR.
Musik aus der Anderswelt, besser kann man den Sound von MILA MAR, der
Ambient, Folk, Orchestrales und Opernelemente miteinander verwebt, kaum
bezeichnen.
Der Geist geht, getragen von der Musik, auf eine Reise durch eine
phantastische Welt, in der tiefe Emotionen noch einen hohen Stellenwert
inne haben.
Eine individuelle 'Traumreise', die viel zu schnell ihr Ende findet, hat
man doch jegliches Zeitgefühl schon nach wenigen Klangsequenzen verloren.
MILA MAR entpuppen sich als grandiose Liveband. Der Zauber, mit dem sie
die Konzertbesucher belegt haben, hält über Tage hinweg an und
das Album Elfensex bringt die Erinnerung daran immer wieder zurück.
Nur
eine Frage bleibt fürs Erste unbeantwortet: Wie groß dürfen
die Bühnen und Hallen werden, bevor der Charme dieser außergewöhnlichen
Band nicht mehr zum Tragen kommt?
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